Germering – lebenswert, grün, klimafreundlich

 

Internes Positionspapier des Umweltbeirats zur nachhaltig ökologischen Stadtentwicklung

 

Präambel

„Wir erkennen an, dass die ökologischen Grenzen des Planeten in Teilen bereits überschritten sind. Wir wollen unsere Stadt auf die Herausforderungen des Klimawandels vorbereiten und mitgestalten. Künftige Bebauungen, eine angepasste Verkehrspolitik sowie wichtige Fragestellungen des Natur-schutzes einschließlich Artenvielfalt geben uns wichtige Orientierung in unserer Arbeit. Sämtliche Möglichkeiten zur Verringerung schädlicher Emissionen sind auszuschöpfen.“

 

Die meisten Germeringer leben gerne in ihrer Stadt. Allerdings machen sie sich zunehmend Sorgen über eine schleichende Verschlechterung der Lebensqualität. Geklagt wird beispielsweise, dass der Autoverkehr zunimmt und das innerstädtische Grün weniger wird und dass sich das Stadtklima schleichend verschlechtert. In diesem Zusammenhang wird auch die Entwicklung im Umfeld, wie konkret in Freiham, kritisch gesehen. 

Das 2010 vom Stadtrat beschlossene Leitbild zielt auf eine nachhaltige Stadtentwicklung ab und möchte die Lebensqualität für die Bevölkerung mindestens erhalten, möglichst verbessern. „Ziel ist ein qualitatives Wachstum mit Attributen wie:„Festhalten an der bestehenden Bebauungsgrenze, fußläufig erreichbare Grünflächen, fahrradfreundliche Kommune“ (OB A. Haas in der UBR - Sitzung v. 17.01.2018).

Im Sinne der Vorsorge muss dieses Leitbild in Zukunft ein ausgeprägteres ökologisches Profil erhalten. Dieses sollte von einem breit verankerten Umweltbewusstsein der Bürger*innen getragen werden. Deren freiwillige Mitwirkung wird immer wichtiger.

Der Umweltbeirat bewertet auf der Basis dieses Papiers zweijährlich die Entwicklungen zum Klimaschutz und führt die notwendigen Anpassungen im Positionspapier durch. Hierbei ist der Bericht der Stadt gemäß Ziffer 4.3 der Klimaschutzleitlinien[1] einzubeziehen.

 

Zuammenfassung der Empfehlungen

Oberstes Ziel ist es, die Lebensqualität in Germering zu erhalten und zu verbessern.

Die dazu notwendigen Maßnahmen sind vielgestaltig:

  • Stadtverwaltung und Stadtrat sind bei all ihrem Handeln der Schutz der natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft sowie der Erhalt der biologischen Vielfalt ein besonderes Anliegen. Die Verwaltung geht in ihrem Zuständigkeitsbereich mit gutem Beispiel voran.
  • Ein stärkeres Engagement der Germeringer in ihrem privaten Umfeld soll durch umfassende Information, städtische Förderprogramme und Initiativen sowie gezielte Aufklärung zu aufgetretenen Umweltproblemen gefördert werden.
  • Dem weiteren Anstieg von Einwohnerzahl und Verkehr wird durch den Verzicht auf Großprojekte entgegengewirkt.
  • Die Innenverdichtung erfolgt Flächen schonend und intensiver Grüngestaltung.
  • Der Stadtrat erlässt eine Freiflächengestaltungssatzung, um damit für die Investoren bei Baugenehmigungen die  Fassaden- und Dachbegrünung festsetzen zu können.
  • Der Stadtrat schöpft alle Möglichkeiten aus, um die Installation von Anlagen zur Gewinnung regenerativer Energien durchzusetzen.
  • Dem Erhalt von grauer Energie wird mehr Beachtung geschenkt.
  • Ein gesundes Stadtklima benötigt Frischluftschneisen, geringe Bodenversiegelung sowie reichlich Altbäume.
  • Weitere Erleichterungen für den Fahrradverkehr.

 

Empfehlungen

Werben und leben für das Leitbild

  •  Verwaltung und Rat nutzen jede Gelegenheit, um auf das Leitbild hinzuweisen und es auch zu leben (z. B. anlässlich von Beschlüssen des Stadtrats, Podiumsdiskussionen mit Experten und Bürgern, Schulung der Verwaltungspersonals, Bürgerversammlungen, Infomarkt für Neubürger).
  • Weiterhin Aktualisierung und Umsetzung der vom Stadtrat bereits 2006 beschlossenen Klimaschutzleitlinien.
  • Erfahrungen aus ökologischen Vorzeigeprojekten andere Städte, z.B. „Öko-Stadtteil Vauban“ in Freiburg, sollten genutzt werden. Stadtplaner und –räte informieren sich entsprechend.
  • Umweltbewusste und ressourcenschonende Stadtverwaltung" als Vorbild: Bezug von Ökoenergie, Wärmedämmung städtischer Gebäude, Fuhrpark mit alternativen Antrieben, E-Carsharing, weitere Ladestationen für E-Autos (mit Ökostrom), nachhaltiges Beschaffungswesen etc.
  • Engagement der Bevölkerung und die Identifikation mit ihrer Stadt fördern:
    Mehr „direkte Demokratie“ (z.B. Bürgerentscheid auf Beschluss des Stadtrats; wie z.B. Stadt Erlangen) und Bürgerwerkstätten bei großen und langfristigen Planungen (wie z.B.  Planungswerkstatt für Radverkehr).
  • Verankerung im Markenbild der Stadt und somit Differenzierung zu anderen Ortschaften: „Germering als eine besonders lebenswerte, grüne und klimafreundliche Stadt im Münchner Großraum“.

 

Zuzug auf ein stadtökolgisch verträgliches Maß begrenzen      

Die starke Zunahme der Bevölkerung (seit 2013 im Mittel fast 1 %/a) überfordert die Infra-strukturen wie auch die Stadtökologie. Die geplanten Großprojekte sollten, falls sie überhaupt realisiert werden, als ökologische Pilot-Projekte gestaltet werden (z.B. Kreuzlinger Feld). 

Durch Förderung von umweltverträglichen Modellprojekten behält die Stadt ihre Lebens-qualität trotz hoher Einwohnerdichte (z.B. autofreie Wohnbaugenossenschaften mit hohem Grünanteil relativ zur bebauten Fläche).

Emissionen von Schadstoffen verringern

 

 Bereich Energie

1. Die Stadt setzt noch stärker auf regenerative Energieträger sowie auf Energie-effizienz/Wärmedämmung und fördert diese aktiv:

  • Beteiligung an Windkraftanlagen (wie z.B. FFB), ggf. unter Einbeziehen der Bürger*innen (z.B. in Kooperation mit „Strom Germering“).
  • Städtische Förderprogramme und Initiativen als Anreize für die Bürger.
  • Installation regenerativer Energieanlagen. (z.B. Photovoltaikanlage der Stadt auf der neuen Galerie der A 96).
  • Sanierung von alten Heizungsanlagen durch moderne Technik (neue Kessel, Wärmepumpen, Kraft-/Wärmekopplung, Solarwarmwasser etc.)Wärmedämmung (wie z.B. Aktivitäten von Puchheim).
  • Vorrang für dezentrale Energieerzeugung (z.B. BHKW für Kreuzlinger Feld, festgesetzt im Bebauungsplan).
  • Nächtliche Lichtemissionen auf ein Minimum beschränken (z.B. Beleuchtung
  • öffentlicher Flächen und Gebäude nur nach Bedarf (z.B. über Bewegungsmelder),
  • Notwendigkeit für ununterbrochenen Betrieb von Ampelanlagen prüfen, Maßnahmen wie Abschirmung oder Abschaltung von beleuchteten Werbeanlagen).
  • Durchführung von Aktionen, z.B. Photovoltaik-Kampagne, Werben für Ökostrom  und -gas (wie z.B. aktuelle Werbeaktion zum Klimaschutzmanagement des LRA).                           

2. Weitere Förderung der Energieberatung durch die Verbraucherberatung Bayern

3. Die Bauverwaltung schöpft alle Möglichkeiten für umweltgerechtes Bauen aus:

  • Z.B. Ansatz des Zwischenerwerbsmodells: Neubaugebiete werden nur ausgewiesen, wenn die Stadt alle Grundstücke erwerben kann und dann Vertragspartner für den Weiterverkauf an Bauherren ist (wie z.B. Kaufering, Maisach).
  • Verankerung der Fotovoltaik-Nutzung in städtebaulichen Plänen und Verträgen.
  • Festsetzen von Gebieten im Bebauungsplan gemäß § 9 (1) BauGB, in denen bauliche Maßnahmen getroffen werden müssen für die Erzeugung, Nutzung und Speicherung von regenerativem Strom/Wärme oder Kraft-Wärme-Kopplung.
  • Dachausrichtung für thermische Energiegewinnung vorgeben..

4. Altgebäude möglichst sanieren statt abreißen, um den Verlust an sog. "Grauer Energie" zu vermeiden. (Erläuterung: Graue Energie ist die Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung und Entsorgung eines Produktes benötigt wird , einschl.  der verwendeten Rohstoffe).

5. Umweltpakt mit Gewerbe (ökol. Stadtmarketing): Die Stadt als Motivator und Initiator für Klimaschutzmaßnahmen. Firmen werden dahingehend informiert, gefördert und beraten (Arbeitskreis einrichten - siehe Klimaschutzleitlinie).

6. Bestellung eines/einer hauptamtlichen städtischen Klimamanagers (sh. FFB).
 

Bereich Verkehr

  • Ausarbeitung und Umsetzung eines ganzheitlichen Mobilitätskonzepts als langfristiges Ziel. Dieses soll alle Bereiche (Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer, Motorradfahrer, Lieferverkehr, ÖPNV-Busse, Taxis etc.) und sowohl den fahrenden wie auch den stehenden (ruhenden) Verkehr beeinflussen.
  • Öffentlicher Nahverkehr:
    • Weiter ausbauen, optimieren, attraktiver gestalten (z.B. durch engere Taktung, verlässlicher Weitertransport von/zur S-Bahn, Wochenendverkehr, grüne Welle an wichtigen Kreuzungen mit Ampel für ÖPNV-Busse, Pläne an Haltestellen, überdachte Wartehäuschen an frequentierten Haltestellen).
    • Attraktivität für Fahrten innerhalb Germerings noch mehr verbessern(z.B. durch Einführung einer Tages-, Wochen- und Monatskarte für Fahrten innerhalb Germerings bzw. Ausweisung eines Tarifgebietes Germering).
    • Auf Stadt- und Kreisebene: Einsatz von ÖPNV-Bussen mit alternativer Antriebsart prüfen und im Praxiseinsatz erproben.
  • Fahrradverkehr weiter fördern: Radnetz und -infrastruktur, sowohl innerhalb der Stadt wie auch als Verbindung zu Nachbargemeinden weiter ausbauen und optimieren (z.B. Nord-Süd-Achse(n), mehr (geeignete) Abstellmöglichkeiten, auch für Lastenfahrräder und Kinderanhänger, Infrastruktur für E-Bikes).
  • Angebote für Bürger*innen ohne Auto einführen bzw. optimieren: „Nah, einfach und faire Preise“ (z.B. Leihstation oder Zuschüsse für Kindertransporträder und -anhänger (tage- , monats- oder jahresweise), Ausleihstationen für Lastenfahrräder (stunden/tage-weise), Ermäßigung für MVV (Tarif Germering), Carsharing, Stattauto. Lastenfahr-zeuge auch in Kooperation mit lokalem Gewerbe anbieten und positionieren).
  • Aktion: „Ich kaufe zu Fuß oder mit dem Rad ein“: Attraktive und konkurrenzfähige Versorgungszentren (Lebensmittel, Apotheke, Ärzte) nah beim Bürger, an geeigneten Positionen im Stadtgebiet sicherstellen.

 

Flächenverbrauch senken

  •  Langfristig Flächenverbrauch deutlich reduzieren bis hin zu einer  Flächenkreislauf-wirtschaft ohne weiteren neuen Flächenverbrauch (im Sinne der Bayerischen Nach-haltigkeitsstrategie 2017).
  • Kompakte (mehrstöckige) Bebauung in zukünftigen Bebauungsplänen vorsehen.
  • Dabei sind jeweils die spezifischen stadtklimatischen und infrastrukurellen Anforderungen sowie eine sensible Anpassung an die Umgebung zu beachten.
  • Aufstockung von Gebäuden oder Ausbau nicht genutzter Dachflächen.
  • Parkplätze in Tiefgaragen und Parkhäusern bzw. über oder unter Gewerbebauten
  • Keine Bebauung in die freie Landschaft hinaus. 

 

Stadtklima verbessern

  •  Klimagutachten erstellen.
  • Frischluftschneisen erhalten, gestalten und erweitern.
  • Die wenigen Grünflächen und landwirtschaftlichen Flächen in der Stadt  (z.B. Hausäcker) erhalten, mehren und  ökologisch aufwerten. 
  • Freiflächensatzung einschl. Leitlinien für die Begrünung von Fassaden und Dächern erarbeiten.
  • Baumkataster um wertvolle Bäume auf Privatgrund erweitern und Maßnahmen zu deren Schutz ergreifen.
  • Entsiegelung: Auch kleine öffentliche wie auch private/gewerbliche  Flächen suchen,  entsiegeln und  bepflanzen  (ggf. als Wettbewerb der Stadt organisieren). Förderprogramm Flächenentsiegelung der Reg. v. Obb. nutzen.

 

Erholung, Natuschutz, Land- und Forstwirtschaft

  • Anlage (weiterer) naturnaher Wiesen durch die Stadt (z.B. „Dehnerwiese“) wie auch in Kooperation mit  Landwirten und sonstigen privaten Grundeigentümern.. Dabei sollten die verschiedenen Fördermittel genutzt werden.
  • Trocken- oder Feuchtbiotope wiederherstellen, sichern, neu anlegen und mit Nachbargemeinden vernetzen (ähnlich der Ansätze bei „Heideachse“ oder  "Biotopverbund Bodensee").
  • Bannwälder bleiben unangetastet. Der Umbau der städtischen Wälder hin zu klimastabilen Mischwäldern wird fortgesetzt.
  • Festanstellung einer hauptamtlichen Naturschutzfachkraft.

 

Wasser

  • Die Qualität des Trinkwassers ist ein hohes Gut. Daher wird die freiwillige Vereinbarung mit den Landwirten zu seinem Schutz beibehalten. Die Untersuchungsmethoden werden laufend der aktuellen Entwicklung angepasst.
  • Die Versickerung des Regenabflusswassers von Großbauten erfolgt breitflächig.
  • Verbesserung der Germeringer Oberflächengewässer: Kernziel der Wasserrahmenrichtlinie der EU ist ein "guter ökologischer Zustand". Das bedeutet, ein Fließgewässer darf nur geringfügig vom potenziell natürlichen Zustand abweichen. Auf dieses Ziel sollte die Stadt Germering mit einem Konzept ((Renaturierung statt Entwässerungsgräben)  für die Fließgewässer auf ihren Fluren (Holzbach mit seinen Quellzuflüssen) hinarbeiten, möglichst in Zusammenarbeit mit der Stadt Puchheim

[1] 

[2]

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